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1969 – ein Jahr für die Geschichts­bücher der Luftfahrt

Das Jahr 1969 prägte die Luft- und Raum­fahrt­geschichte wie wenige andere mit der Mond­landung, den Grün­dungen von Luft­fahrt­konzernen von Weltrang, dem Beginn der Jumbo-Jet-Ära und des Über­schall­passagier­flugs.

03.2019 | Autor: Denis Dilba | 9 Min. Lesezeit

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Denis Dilba studierte Mechatronik, besuchte die Deutsche Jour­na­listen­schule und gründete das digitale Wissen­schafts­magazin Sub­stanz. Er schreibt über ver­schieden­ste Themen aus Technik und Wissen­schaft.

Ei­ne Aus­wahl der wich­tigs­ten Er­eig­nis­se der Luft­fahrt­in­dus­trie des Jah­res 1969:

Februar
Der Ur­ahn al­ler Jum­bo-Jets, Boe­ings 747-Pro­to­typ „RA001“, hebt vom Werks­flug­ha­fen des US-ame­ri­ka­ni­schen Luft­fahrt­kon­zerns in Ever­ett bei Se­at­tle ab. Noch ist der 70 Me­ter lan­ge Rie­se mit ei­ner Spann­wei­te von 60 Me­tern und dem mar­kan­ten Cock­pit-Bu­ckel aus­schließ­lich mit Pratt & Whit­ney JT9D-Trieb­wer­ken aus­ge­stat­tet. Ab 1973 wird auch das be­rühm­te CF6-50-Trieb­werk für den Jum­bo zum Ein­satz kom­men. Bis heu­te ist die CF6-Bau­rei­he, an der sich die MTU ab 1971 als Risk- und Re­ve­nue-Sharing-Part­ner be­tei­ligt, ei­ne der er­folg­reichs­ten Trieb­werks­fa­mi­li­en der Welt.

März
Von Tou­lou­se-Blag­nac aus star­tet die Con­cor­de zu ih­rem ers­ten Test­flug. Die nächs­ten Mo­na­te wird das von der fran­zö­si­schen und bri­ti­schen Luft­fahrt­in­dus­trie ge­mein­sam ent­wi­ckel­te Über­schall-Ver­kehrs­flug­zeug im­mer noch un­ter Schall­ge­schwin­dig­keit flie­gen; erst im Ok­to­ber durch­bricht es erst­mals die Schall­mau­er. 1976 geht die Con­cor­de in den Li­ni­en­dienst, doch das gro­ße Ge­schäft mit dem Über­schall-Pas­sa­gier­flug bleibt aus, und so zie­hen die bei­den Be­trei­ber-Air­lines Air Fran­ce und Bri­tish Air­ways nach dem Ab­sturz ei­nes Jets die Con­cor­de En­de Ok­to­ber 2003 aus dem Ver­kehr. We­gen ih­res schlan­ken De­signs und der Höchst­ge­schwin­dig­keit von bis zu 2.400 km/h gilt die Ma­schi­ne noch im­mer als „Kö­ni­gin der Lüf­te“.

Mai
Der fran­zö­si­sche Ver­kehrs­mi­nis­ter Jean Cha­mant und der Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter Karl Schil­ler set­zen auf der Pa­ri­ser Luft­fahrt­schau in Le Bour­get ih­re Un­ter­schrif­ten un­ter den Ver­trag zum Bau des Ur-Air­bus A300. Ein Jahr nach der Ver­trags­un­ter­zeich­nung wird das Kon­sor­ti­um „Air­bus In­dus­trie“ ge­grün­det. Das En­de der un­an­ge­foch­te­nen Vor­herr­schaft der Ame­ri­ka­ner auf dem Markt für Ver­kehrs­flug­zeu­ge ist ein­ge­lei­tet.

Juni
Nach ih­rem Jung­fern­flug am Sil­ves­ter­tag des Jah­res 1968 durch­bricht die Tu­po­lew Tu-144 im Ju­ni 1969 als ers­tes zi­vi­les Über­schall­flug­zeug die Schall­mau­er. Ein Er­folg wird der tech­nisch nicht aus­ge­reif­te Jet aber ge­nau­so we­nig wie sein west­eu­ro­päi­sches Pen­dant: Die Tu-144 be­för­dert auf 55 Flü­gen ins­ge­samt nur 3.284 Pas­sa­gie­re. Das Ent­wick­lungs­pro­gramm wird 1983 be­en­det. Von den 16 fer­tig­ge­stell­ten Ma­schi­nen sind heu­te noch fünf der Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich – un­ter an­de­ren im Tech­nik­mu­se­um Sins­heim.

Februar

Jumbo Jet: Bis 2005 war die Boeing 747 das größte Passagierflugzeug der Welt.

März

Königinnen der Lüfte: Trotz ästhetischer Form und Schnelligkeit der Concorde setzt sich der Überschall-Passagierflug nicht dauerhaft durch.

Juni

Krumme Nase: Wie bei der Concorde konnte die Spitze der Tupolew Tu-144 am Boden abgesenkt werden, um die Sicht der Piloten zu verbessern.

Juli

Grundsteinlegung: Aus der vor 50 Jahren gegründeten MTU München geht 2000 die MTU Aero Engines hervor.

Oktober

Senkrechtstarter: Die Do 31, hier der Prototyp vor dem Dornier-Useum in Friedrichs­hafen, ist bis heute das einzige senkrecht startende und landende Transportflugzeug der Welt.

Dezember

Kurzes Vergnügen: Die Trident 3B blieb nur 17 Jahre in der Luft. Die wirtschaft­lichere und leisere Konkurrenz von Boeing war zu stark.

Juli
Am 11. Ju­li wird die MTU Mo­to­ren- und Tur­bi­nen-Uni­on Mün­chen GmbH M.A.N. May­bach Mer­ce­des-Benz, kurz: MTU Mün­chen, ge­grün­det. Grund­la­ge ist ein Ver­trag zwi­schen der MAN Turbo GmbH und Daim­ler-Benz, der die Zu­sam­men­le­gung der Ak­ti­vi­tä­ten bei­der Un­ter­neh­men in den Be­rei­chen Turbo­flug­trieb­wer­ke und schnell­lau­fen­de Die­sel­mo­to­ren re­gelt; ne­ben der MTU Mün­chen (Flug­mo­to­ren) ent­steht die MTU Fried­richs­ha­fen (Die­sel­mo­to­ren). 2000 wer­den die bei­den Un­ter­neh­mens­tei­le mit Grün­dung der EADS (heu­te Air­bus Group) ge­trennt; 2005 geht der Münch­ner Teil als MTU Ae­ro En­gi­nes an die Bör­se.

Am 21. Ju­li um 3:56 Uhr mit­tel­eu­ro­päi­scher Zeit be­tritt der US-As­tro­naut Neil Arm­strong als ers­ter Mensch den Mond. Buzz Aldrin folgt ihm. Auf der Er­de er­le­ben rund 600 Mil­lio­nen Fern­seh­zu­schau­er das Er­eig­nis in ei­ner Li­ve-Über­tra­gung. Mi­cha­el Col­lins, der drit­te As­tro­naut der Apol­lo 11-Mis­si­on, bleibt an Bord des Mut­ter­schiffs Co­lum­bia, das nicht al­lein in der Mond-Um­lauf­bahn krei­sen kann. Am 24. Ju­li kehrt Apol­lo 11 zur Er­de zu­rück.

August
Die bra­si­lia­ni­sche Re­gie­rung grün­det die Em­pre­sa Bra­si­lei­ra de Ae­ro­náu­ti­ca – bes­ser be­kannt un­ter dem Kür­zel Em­bra­er. Nach der Pri­va­ti­sie­rung 1994 steigt der Luft­fahrt­kon­zern hin­ter Air­bus, Boe­ing und Bom­bar­dier Ae­ro­space zum viert­größ­ten Flug­zeug­bau­er der Welt auf.

September
Der ers­te nach dem Zwei­ten Welt­krieg in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ent­wi­ckel­te Hub­schrau­ber, FJ-Sky-Trac der Fir­ma J. Wag­ner He­li­c­op­ter­tech­nik, Fried­richs­ha­fen-Fisch­bach, er­hält die Mus­ter­zu­las­sung vom Luft­fahrt­bun­des­amt.

Oktober
Die deut­sche Bun­des­re­gie­rung be­en­det das Ent­wick­lungs­pro­gramm des Senk­recht­star­ters Dor­nier Do 31: We­gen ei­ner neu­en Na­to-Dok­trin und ver­än­der­ter An­for­de­run­gen der Bun­des­wehr gibt man dem Kon­zept im mi­li­tä­ri­schen Be­reich kei­ne Zu­kunft. Trotz­dem gilt die Do 31 als tech­ni­sche Meis­ter­leis­tung und Mei­len­stein der Luft­fahrt­ge­schich­te. Bis heu­te ist sie das ein­zi­ge Trans­port­flug­zeug mit Jet-An­trieb, das senk­recht star­ten und lan­den kann.

Dezember
Die Tri­dent 3B des bri­ti­schen Her­stel­lers Haw­ker Sid­de­ley hebt zum ers­ten Mal ab. Die exo­ti­sche Ma­schi­ne war spe­zi­ell für die Air­line Bri­tish Eu­ro­pean Air­ways (BEA) ent­wi­ckelt wor­den und bot 180 Pas­sa­gie­ren Platz. Da­für wur­de die ur­sprüng­lich drei­strah­li­ge Tri­dent mit ei­nem zu­sätz­li­chen vier­ten Trieb­werk am Leit­werk aus­ge­stat­tet, das ihr Ex­trab­schub für den Start gab. Be­reits 1986 stell­te BEA die im Ver­gleich zum Kon­kur­renz­mo­dell Boe­ing 737 lau­te­ren und ke­ro­sin­durs­ti­ge­ren Ma­schi­nen wie­der au­ßer Dienst.

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