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Verbesserte Instand­setzungs­planung mit Engine Trend Monitoring

Engine Trend Monitoring gibt wichtige Hinweise auf den Zustand eines Triebwerks. Frühe Diagnosen verhindern teure Folge­schäden und ermöglichen eine voraus­schauende Instand­haltungs­planung.

10.2018 | Autorin: Nicole Geffert | 6 Min. Lesezeit

Autorin:
Nicole Geffert arbeitet seit 1999 als freie Jour­nalistin mit den Themen Forschung und Wissen­schaft, Geld und Steuern, Aus­bildung und Beruf.

Mit versiertem Blick auf die Daten registriert Ivaylo Krastev, Triebwerks­ingenieur bei der MTU Maintenance Hannover, einen Effizienz­verlust eines Triebwerks während des Reise­flugs. Die Austritts­­tempe­ratur ist gestiegen, die Dreh­zahl der Hoch­druck­welle nimmt zu, ebenso der Kraftstoff­verbrauch. Die Airline, die ihre gesamte Trieb­werks­flotte von der MTU Maintenance be­treuen lässt, wird sofort gewarnt. Beim nächsten Stopp des Flug­zeugs wird das Trieb­werk noch am Flügel von zwei Flug­gerät­mechanikern der Airline boroskopiert.

Tatsächlich, ein Fremdteil ist in den Verdichter geraten. Das Triebwerk wird umgehend vom Flügel genommen und zur In­stand­setzung in den Shop der MTU Maintenance geschickt. Dort bestätigt sich der Verdacht. Der Fremd­körper hat einige Schaufeln beschädigt. Wäre dieser vergleichs­weise geringe Schaden unentdeckt geblieben, hätte dies einen schwer­wiegenden Folge­schaden im Trieb­werk verursachen und kost­spielige Repa­raturen nach sich ziehen können. Beides bleibt der Airline erspart.

Engine Trend Monitoring

Frühwarnsystem für Triebwerke Die zuvor vom Flugzeug­computer aufgezeichneten Daten werden vom ETM-System noch während des Fluges aus­gewertet. Das System ist rund um die Uhr aktiv. So können die MTU-Spezia­listen bei Fehler­meldungen sofort handeln und die Trieb­werke in den Shop der MTU Main­tenance schicken. Mit ETM lassen sich auch Prognosen erstellen und damit Triebwerks­überholungen besser planen.

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Engine Trend Monitoring

Das Frühwarnsystem für Triebwerke überwacht alle wichtigen Parameter während des Flugs. Schon kleinste Abweichungen werden erkannt und vorausschauend behoben. Zum Video

Dass Auffälligkeiten frühzeitig entdeckt und analysiert werden, ist dem Engine Trend Monitoring (ETM) der MTU Maintenance zu verdanken – einer umfassenden Über­wachung der Triebwerks­para­meter durch eine MTU-eigen­ent­wickelte Monitoring­software. „Während des Fluges zeichnet der Flug­zeug­computer die wichtigsten Trieb­werks­para­meter wie Dreh­zahlen, Drücke, Tem­pera­turen und Vibrationen auf“, erklärt Norman Schwarz vom Perfor­mance Engineering der MTU Maintenance Hannover. Das ETM-System wertet diese Para­meter zu bestimmten Zeit­punkten eines Flug­zyklus‘ – meist während des Starts und des Reisefluges – aus, indem es die Daten mit Erwartungs­werten aus einem ent­spre­chenden Trieb­werks­modell vergleicht. „Dadurch werden auf­fällige Veränderungen – etwa hinsichtlich des thermo­dyna­mischen Verhaltens eines Trieb­werks – entdeckt und bereits kleinste Abweichungen schnell identifiziert.“

Experten der MTU analysieren die Daten und können dank des Früh­erkennungs­systems ersten Hinweisen auf mögliche Un­regel­mäßig­keiten nachgehen. Stellen sie eine Abweichung fest, geben sie klare Handlungs­emp­fehlungen für die erforder­lichen Maintenance-Aktionen.

Flotte im Griff

ETM ist ein wichtiger Baustein des Flotten­manage­ments, das die MTU Maintenance ihren Kunden anbietet. Der Service sorgt dafür, dass die Trieb­werke der gesamten Flotte mit größt­möglicher Ver­füg­barkeit und Effi­zienz sowie mög­lichst niedrigen Kosten betrieben werden. Performance Engineer Schwarz: „ETM bietet auch eine Prognose­funktion, mit der die Anzahl der restlichen Zyklen vor­her­gesagt werden kann. Damit trägt es dazu bei, umfang­reichere Triebwerks­über­holungen besser zu planen und die Intervalle der Shop Visits ökonomisch und technisch zu optimieren.“

Zwei weitere Vorteile für Flotten­kunden: Alle Trieb­werks­typen können mit einem einzigen Tool über­wacht werden. Und die MTU Maintenance ist in der Lage, ihre Erfahrung mit individuellen Kunden­wünschen zu kombi­nieren. So lassen sich etwa neue Alarm­regeln einführen, um bestimmte Parameter besonders im Fokus zu behalten.

Inside MTU Rundum sorglos

Für einen reibungslosen Flugbetrieb bietet die MTU Maintenance ihren Kunden Rundum-Sorglos-Pakete. Die modularen Servicelösungen lassen sich flexibel kombinieren oder zu einem Komplettangebot bündeln. Dieses umfasst zusätzlich zur Triebwerksinstandhaltung je nach Bedarf einen weltweiten On-site Service, ein effektives Flottenmanagement inklusive des Früherkennungssystems Engine Trend Monitoring sowie eine zuverlässige Versorgung mit Ersatztriebwerken während des Shop Visits.

Weitere Servicebausteine sind logistische Dienstleistungen bis hin zur Versorgung und dem Management von Anbaugeräten und Line Replaceable Units (LRU). Darüber hinaus stellt die MTU Maintenance auch Dienstleistungen im Bereich Material- und Asset-Management bereit. MTU-Kunden können sich auf das für sie Wichtigste konzentrieren: das Fliegen.

24/7 am Triebwerk

Das ETM und seine vollautomatische Alar­mierung im Falle von Ab­wei­chungen sind sieben Tage in der Woche rund um die Uhr aktiv. Schwarz: „Bei vielen Trieb­werken und Flug­zeugen neuerer Bauart kann die Aus­wertung der Daten noch während des Fluges beginnen. Trend­­analysen lassen sich rund um die Uhr und nahezu in Echt­zeit online abrufen. Die Aus­wertung über­nehmen dann Spezialisten an den MTU-Stand­orten Hannover, Zhuhai und Vancouver.“

Seit 2006 ist das von MTU-Experten selbst ent­wickelte und flexible System im Einsatz und wird seitdem konti­nuierlich erweitert und optimiert. Und die Kunden profitieren künftig von weiteren Inno­vationen.

Mobil und übersichtlich

„Wir bereiten zur Zeit einen Plattform­wechsel und den Einsatz einer neuen Software vor, damit die Daten nicht nur am PC, sondern künftig auch auf dem Tablet und mit einer Smart­phone-App verfolgt werden können“, sagt Christian Preuss, zuständig für Test­systeme und Boden­dienst­geräte bei der MTU Aero Engines. Die Pro­gram­mierung über­nehmen die IT-Spezi­alisten in München und Rzeszów. Die neue Ober­fläche wird moderner, aufgeräumter und über­sichtlicher sein – ein sichtbarer Mehrwert für den Kunden.

Zudem steht eine weitere Optimierung an. „Mit dem aktuellen System lässt sich der Effizienz­verlust des gesamten Trieb­werks fest­stellen. Wir entwickeln ETM dahingehend weiter, dass es künftig anzeigt, welche Module des Trieb­werks zum registrierten Effi­zienz­verlust beitragen“, sagt Jürgen Mathes vom MRO Perfor­mance Support der MTU Aero Engines. „Die Analyse auf modularer Ebene hat den Vorteil, dass die Instand­setzung noch gezielter geplant werden kann, weil unsere Mainte­nance-Spe­zi­alisten dann wissen, auf welche Kompo­nenten sie sich während des Shop Visits konzentrieren müssen.“

„Die Analyse auf modularer Ebene hat den Vorteil, dass die Instandsetzung noch gezielter geplant werden kann, weil unsere Maintenance-Spezialisten dann wissen, auf welche Komponenten sie sich während des Shop Visits konzentrieren müssen.“

Jürgen Mathes, MRO Performance Support der MTU Aero Engines

Ein Datensatz pro Sekunde

In Zukunft sollen während des gesamten Fluges kon­ti­nu­ierlich Triebwerksdaten gemessen, gesendet und gespeichert werden – also ein Daten­satz pro Sekunde. „So können Trend­ab­weichungen noch früher entdeckt werden, als es mit bisher zwei bis drei Snap­shots pro Flug möglich ist“, sagt Mathes. Entsprechend werden die Main­tenance-Experten noch schneller auf Trend­ab­weichungen reagieren können. „Predictive Maintenance“ lautet das Stichwort – also eine vo­raus­schauende Instand­haltungs­planung nach der Devise: Effizienz durch Wissens­vorsprung.

„Neue Avionik kann kontinuierliche Daten auf­zeichnen und über­tragen. Eine entsprechende Hard­ware ist in neueren Flug­zeugen bereits eingebaut“, sagt Mathes. Für ältere Muster wäre eine Nach­rüstung möglich. Allerdings stellt das künftige ETM-System die IT-Experten vor Heraus­forderungen: Denn die immensen Daten­mengen, die kontinuierlich empfangen werden, müssen nicht nur gespeichert, sondern auch analysiert und bewertet werden. Neben ausreichend Speicher­platz ist die effiziente Analyse­methode der Schlüssel zum Erfolg für eine gezielte und voraus­schauende Instand­haltung. Preuss: „Wir prüfen verschiedene Konzepte im Bereich Daten­analyse wie etwa Machine Learning, um unseren Kunden in Zukunft ein optimales Früh­er­kennungs­system zur Verfügung zu stellen.“

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